mit Gerhard Götze, Editor, Publisher
Frau Schertle,
1. Ist die Gestaltung Ihrer Arbeiten durchgängig, von A bis Z, von der Inspiration bestimmt?
– Jedem Beginn einer neuen Arbeit liegt ein inspirierender Funke, Gedanke zugrunde. Allerdings übernehmen während des Arbeitsprozesses, logische Schlüsse zwischenzeitlich immer wieder die Fortführung dessen. Es ist ein Wechselspiel von beidem.
2. Eine maßgebliche Rolle in Ihren Arbeiten kommt dem Material zu, wie sehr bedingt dies das Wechselverhältnis zwischen Inspiration und Material?
– Mein Arbeitsmaterial ist nicht wirklich begrenzt, und ich wähle es nach meinem momentanen Empfinden zur Natur, diese bietet mir mannigfaltige Facetten, mal zart, leise, weich, still, monoton, mal gewaltig, laut, ergiebig, brachial, bunt.
3. Die Fläche, bestimmt diese den Tenor der Arbeit, die darauf konfiguriert wird?
– Größe, Struktur und Bildgrund sind entscheidende Faktoren der Gestaltung. Den Werken auf Holz geht eine völlig andere Grundhaltung voraus, als den Arbeiten auf Papier.
4. Wie entsteht die Struktur Ihrer Sounds-Arbeiten auf der Fläche?
– Meine bevorzugte Technik ist das Arbeiten mit Kontrasten, um diese zu erhöhen, benutze ich weitere bearbeitete organische Materialien.
5. Lässt sich über den Arbeitsprozess eine Charakterisierung treffen?
– Wie schon erwähnt, wähle ich Material und Bildgrund nach dem derzeitigen Begreifen des gegenwärtigen Spannungszustandes. Der darauf folgende Ablauf der Ausführung, ist nicht unweigerlich durchdacht, es fügt sich sozusagen.
6. Findet mitunter auch eine Revision des Arbeitsvorganges statt?
– Überarbeiten, umgestalten, korrigieren ist permanent Bestandteil meines Schaffensprozesses. Manches was unwiderlegbar schien wird verworfen, weil neue Einsichten in Erscheinung treten. Manches wird zur Seite gestellt, und bleibt über nicht bestimmte Zeit unvollendet.
7. Ist das fertige Tableau ein vice versa zur Welt?
– Vielleicht ein vice versa wie ich die Welt empfinde. Mein Spannungsverhältnis zur Welt.
8. Gibt es die Ambivalenz im Schaffensprozess?
– Wenn sie nicht vorhanden ist, ist die Arbeit von vorneherein verloren, dann hat sie keinen Bestand, keine Berechtigung, keine Ehrlichkeit für mich.
9. Tritt bisweilen der Widerstand zutage, die Arbeit gänzlich sein zu lassen?
– Es kommt schon vor, das man in dieses Stadium gelangt, darüber hinaus rettet mich ein gewisser Automatismus damit umzugehen. Gleichzeitig ist es aber auch Ansporn, um am Ende sich diesem Widerstand entgegengestellt zu haben und darüber zu triumphieren.
10. Stellt sich im Endstadium einer Arbeit Zufriedenheit ein, die die Erschöpfung widerruft?
– Je näher die Fertigstellung eines Bildes in Sichtweite rückt, je mehr wandelt sich die Erschöpfung in Schöpfung. Will heißen unumgänglich setzt sich Energie frei für das nächste Werk, es gibt nie den endgültigen Erschöpfungszustand. Ich begreife es wie den Wachstum eines Muskels, Spannung und Entspannung im Verhältniss.